Besser?
Zu Hause gehts mir etwas besser. Aber auch nur zu Hause.
Sobald ich das Haus verlassen muss, gehts wieder los mit den "Zuständen".
Und ich muss das Haus verlassen, jeden 2. Tag ins Krankenhaus zum Verbandswechsel.
Eine Tortour. Meine Schwester muss mich begleiten, wir müssen mit dem Taxi fahren.
Wie soll ich die 800 m zur Haltestelle kommen und über 1 Stunde Bus und Bahn fahren?
Im Krankenhaus muss ich oft mit dem Rollstuhl vom Eingang die wenigen Meter
zur Ambulanz gerollt werden - weil ich so Hyperventilieren, das meine Beine mir den Dienst versagen.
Ich muss immer an genau der Tür klingeln, wo ich das erste mal diese komischen Zustände hatte.
Und jedesmal sitze ich dort zitternd, schlottern, hyperventilierend vor Angst.
Der Arzt wundert sich. So etwas hat er noch nie gehabt.
Er ist Chirurg und Gynäkologe. Er weiß nicht, das der Mensche eine Seele hat.
Er wundert sich auch über die anderen Frauen auf der Station, denen es ähnlich geht wie mir.
Die eine Fehlgeburt hatten oder durch Krebs eine Brust abgenommen wurde.
Kein Arzt blickt je über seinen Tellerrand.
Was ich erst hinterher erfahre:
Ich habe bei der OP sehr viel Blut verloren. Mein HB-Wert liegt bei 6.
Bei einem Wert unter 5 macht sich der Sensenmann so langsam auf den Weg.
Es ist vollkommen normal, ständig zu schlafen, schlapp und müde zu sein.
Mit meinem rumgerenne und Treppensteigen habe ich meinen Körper total überfordert.
In meinen Adern floss nur Kochsalzlösung, kein Blut.
Mein Herz musste schlagen wie irre, um meine Körperfunktionen aufrecht zuerhalten.
Meine Lunge musste nach Luft japsen, weil kein Blut zum Sauerstofftransport da war.
Alles vollkommen normale Reaktionen - keine Panikattacken.
Aber keiner hats mir erklärt. Und ich wusste es nicht.
Und so bekam ich Angst vor einer normalen Reaktion, die sich dann irgendwann verselbständigt hat.
Irgendwann war es dann Angst vor der Angst.
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